Über das Leben mit und die Liebe für einen Terrier

Ich habe lange überlegt, was ich euch zum Thema „Hundetrainerinnen und ihre Hunde“ erzählen kann. So viele Geschichten, die es wert wären, erzählt zu werden.

Das fängt damit an, dass ich bestimmt nicht Hundetrainerin wäre, wenn es Atlas nicht geben würde. Aber so geht es wohl vielen Trainer:innen. Auch über einen ganzen Rucksack an Problemen, mit denen Atlas eingezogen ist, könnte ich euch ganz schön viel berichten. Natürlich habe ich daraus extrem viel gelernt, wovon meine Kund:innen profitieren.

Ich habe mich schlussendlich dazu entschieden, die Gelegenheit zu nutzen, euch über unser Leben mit einem Terrier, einem sogenannten Listenhund zu erzählen. Denn leider kursieren hier immer noch so viele Mythen, die es Zeit wird, ein für alle Mal aufzulösen.

 

Vom Kennenlernen und Einziehen eines Terriers

Kennengelernt habe ich Atlas mit etwa 8 Monaten im Tierheim.
Er war einer meiner Patenhunde, die ich regelmäßig betreut habe.

Er war für mich ein ganz besonderer Hund, der mich schon im Tierheim gefordert hat und mich dazu veranlasst hat meine Trainerausbildung zu starten.

Als Atlas dann vor etwa 10 Jahren eingezogen ist, haben wir uns sehr viele Gedanken zu seinen Verhaltensweisen gemacht und welchen Einfluss das auf unser gemeinsames Leben haben wird. Darüber, dass Atlas ein Terrier und auch noch ein „Kampfhund“ ist, haben wir tatsächlich gar nicht nachgedacht.
Einzig und allein, dass wir mit Atlas eine Prüfung machen müssen, weil er rassebedingt auf einer Liste steht, war, im Vergleich zu anderen Hunden, eine Besonderheit.

Die Entscheidung für Atlas haben wir übrigens schlicht deshalb getroffen, weil er von meinen damaligen Patenhunden derjenige war, der es aufgrund seines Verhaltens wohl am schwersten gehabt hat ein neues Zuhause zu finden.

 

Klischee „Kampfhund“

„Kampfhund“ – ein Wort mit dem ich persönlich nicht viel anfangen kann und das ich für mehr als unangebracht im heutigen Sprachgebrauch finde.
Diese Hunde werden entweder als reißende Bestien oder als harmlose Kuscheltierchen beschrieben. Beides trifft nicht zu! Verallgemeinerungen helfen uns nicht, bei keinem Hund!

Wer einem Hund ein Zuhause geben möchte, tut gut daran, sich vorab ausführlich zu informieren, auch was das ursprüngliche Zuchtziel der jeweiligen Rasse war. Es lohnt sich, sich zu überlegen, ob das Eigenschaften sind, die gut in den eigenen Alltag passen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig zu wissen, dass neben Genetik sowohl Sozialisierung, Umwelt und Lernerfahrungen, die Gesundheit als auch der Umgang mit Hunden großen Einfluss auf ihre Entwicklung und ihr Verhalten haben.

Terrier lösen Probleme ganz oft, indem sie nach vorne gehen und laut werden. Sie können blitzschnell reagieren und treffen eigenständig Entscheidungen. Sie sind in der Lage eine enorme Resilienz zu entwickeln. Sie sind aber auch bekannt dafür, wie loyal sie ihren Menschen gegenüber sind.
Wenn man sich anschaut, wofür Terrier gezüchtet wurden, ist das erstmal auch gar nicht verwunderlich!

Allerdings haben diese Eigenschaften und ein Unverständnis im Umgang damit, auch dazu geführt, dass Terrier und speziell American Staffordshire und Pitbull Terrier als stur und dominant stigmatisiert werden. Sie gelten als schwer trainierbar. Als Hunde, die auf jeden Fall eine harte Hand im Training brauchen.

 

Es geht nicht immer gewaltfrei…oder doch?!

Atlas ist ein Pitbull Mischling.
Ein sogenannter Listenhund, ein Terrier und ein Hund mit Vorgeschichte.

Er hatte bei seinem Einzug einen ganz schönen Rucksack an Themen dabei:

  • Aggressionsverhalten gegenüber Hunden
  • Aggressionsverhalten gegenüber Menschen
  • Kreischen bei Wildsichtung oder -geruch
  • Dauerhaftes Leineziehen
  • Zwicken bei großer Aufregung

um nur ein paar davon zu nennen!

Alles Kriterien und Verhaltensweisen, die ganz oft genannt werden, um eine „harte Hand“ und gewaltvolle Maßnahmen mit dem Hund zu rechtfertigen.
„Das darf man sich nicht gefallen lassen.“ „Bei dieser oder jener Rasse kommt man anders nicht weiter.“ „Der wird sonst eingeschläfert.“

Ist das wirklich so?
Die einfache Antwort: NEIN!

Atlas hat ganz ohne Gewalt gelernt, wie man sich in für ihn schwierigen Situationen verhalten kann. Positive Verstärkung und ein belohnungs- und bedürfnisorientierter Umgang machen es möglich!

 

Bedürfnisorientiertes Training mit Terrier?

Terrier sind unglaublich intelligente Hunde, die gerne mit dem Menschen zusammenarbeiten, wenn man ihnen die Möglichkeit und den Raum dazu gibt.
Mit dem Wissen, was dem Hund Spaß macht und wie man erwünschte Verhaltensweisen fördern kann, lässt es sich wunderbar gemeinsam trainieren.

Da Terrier darauf gezüchtet wurden, in bestimmten Konfliktsituationen sehr schnell und eigenständig zu reagieren kann das, in Kombination mit aversivem und auf Druck basiertem Umgang, schnell zur Eskalation führen.

Im Training ist es daher wichtig darauf zu achten, dass Terrier eine gute Konfliktlösungsstrategie haben und lernen mit Frust gut umzugehen. Es ist auch wichtig, dass diese Hunde lernen, dass man gar nicht so schnell eskalieren muss und das nach Aufregung auch wieder Entspannung kommt.

Am allerwichtigsten ist ein freundlicher Umgang im Training und Zusammenleben mit Hunden – übrigens egal welche Rasse!

Neben dem freundlichen Umgang ist das (kontrollierte) Ausleben von Bedürfnissen essenziell, um einen ausgeglichenen Begleiter an seiner Seite zu haben.
Das Bedürfnis ein Stofftier zu shreddern oder zu schütteln, gehört hier genauso dazu, wie das Bedürfnis nach Nähe und Körperkontakt.
Ein Hund, dessen Bedürfnisse nicht erfüllt sind, wird viel schneller dazu neigen unerwünschtes Verhalten zu zeigen, als ein Hund, der insgesamt sehr ausgeglichen ist.

Zu guter Letzt hilft eine Prise Humor auch mal über Terrier-typisches Verhalten lachen zu können.

 

Terrier Liebe

Heute kann ich sehr überzeugt sagen: Ich liebe Terrier und ihre Art durchs Leben zu gehen. Sie sind lustig, manchmal auch laut und vielleicht ein bisschen zu viel, aber immer mit einem großen Herzen!

Sie sind tolle Hunde, die gerne aktiv sind und gleichzeitig auch richtige Couch Potatoes sein können. Sie sind robuste Hunde, mit denen man auch mal Quatsch machen kann, können zeitgleich aber auch sehr sensibel sein!

Terrier sind selbstständig, treffen ihre eigenen Entscheidungen und sagen auch mal „nö, mach ich nicht“. Und wisst ihr was? Ich finde das großartig!

In ein paar Wochen wird Atlas 14 Jahre alt und ich bin ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass wir (mit seiner Vorgeschichte) dieses Alter schaffen. Ich bin unendlich dankbar für die gemeinsame Zeit, für alles was wir gemeinsam erreicht haben und was ich von und mit ihm lernen durfte. Ich bin dankbar für jedes Lachen, dass er mir entlockt und zeigt, wie viel Spaß das Leben macht, egal wie alt man ist.

Ich freue mich auf alles was noch kommt!

 

 

 

 

 

Dieser Blogbeitrag erscheint im Rahmen der Blogparade der Vereinigung österreichischer Hundetrainer:innen (VÖHT) unter dem Thema „Hundetrainerinnen und ihre Hunde“. Alle Artikel meiner Kolleg:innen findet ihr hier.

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